Reisezeitindex in der Presse: Süddeutsche Zeitung, Zeit Online, Berliner Zeitung, WAZ, Berliner Morgenpost, Hamburger Morgenpost
Studien zeigen, dass die Reisezeit bei der Wahl des Verkehrsmittels eine entscheidende Rolle spielt.
Der mib Reisezeitindex vergleicht deshalb systematisch die durchschnittlichen Reisezeiten von ÖPNV und MIV (Motorisierter Individualverkehr) innerhalb einer Stadt.
Mit unserem eigens entwickelten Tool können die Reisezeiten für alle Routen innerhalb einer Stadt untersucht und auf einer Karte visualisiert werden.
Bei einem Indexwert von 1 sind ÖPNV und Auto genau gleich schnell. Ein Wert von 2 bedeutet, dass man mit dem ÖPNV doppelt so lange braucht, wie mit dem Auto.
ÖPNV-Nutzer*innen brauchen im Durchschnitt mehr als doppelt so lang, um an ihr Ziel zu gelangen als Menschen, die mit dem Auto fahren.
Trotz häufigen Staus in deutschen Großstädten sind die Bürger*innen mit dem Auto auf vielen Strecken deutlich schneller als mit dem ÖPNV.
Innerhalb der Stadt kann der Reisezeitunterschied zwischen ÖPNV und Auto je nach Ausgangsort und Reiseziel sehr unterschiedlich ausfallen.
Diese 5 Stellhebel helfen dabei, den ÖPNV in deutschen Großstädten in Bezug auf die Reisegeschwindigkeit wettbewerbsfähiger zu machen.
Der ÖPNV ist besonders schnell, wenn er auf eigenen Strecken unabhängig vom Straßenverkehr ist. Wir brauchen in den Städten mehr ÖPNV-Strecken mit U-, S- und Straßenbahnen. Bis zur Eröffnung neuer Schienenstrecken sollten Lücken im Schienennetz mit attraktiven Busverbindungen, z. B. mit Expressbussen überbrückt werden.
Im ÖPNV sind zum Teil größere Umwege und mehrfache Umstiege erforderlich, um ans Ziel zu gelangen. Durch veränderte Linienführungen und zielgerichtete Lückenschlüsse im Netz lassen sich ÖPNV-Wege deutlich verkürzen – und so Zeit sparen.
Fahrten mit dem ÖPNV dauern auch deshalb länger, weil die Fahrgäste einen beachtlichen Teil der Reisezeit warten müssen. Die Wartezeiten lassen sich durch dichtere Takte, besser abgestimmte Fahrpläne und eine höhere Pünktlichkeit deutlich verkürzen.
Durch ein dichteres Busnetz, neue Haltestellen, zusätzliche Zugänge an Bahnhöfen und Bahnsteigen sowie besser geplante, kürzere Wege beim Umsteigen können deutliche Reisezeitverkürzungen erreicht werden. In Gebieten mit geringer Nachfrage ist auch die Integration von Bedarfsverkehren (On-Demand) mit Minibussen zum ÖPNV-Tarif ein guter Ansatz.
Der direkte Vergleich der 11 größten deutschen Städte zeigt, dass sich diese hinsichtlich des durchschnittlichen Reisezeitverhältnisses nur geringfügig unterscheiden.
Anhand von zwei Städtebeispielen zeigt der Reisezeitindex, wo der ÖPNV verbessert werden kann.
Reisezeitvergleich für unterschiedliche Standorte innerhalb der Städte
Vom Berliner Alexanderplatz aus ist der ÖPNV insbesondere entlang der S- und U-Bahn-Strecken wettbewerbsfähig (Reisezeitverhältnis ≤ 1,5). Den Nordosten der Stadt erreicht man mit dem ÖPNV im Vergleich zum Auto deutlich langsamer. Hier fehlen direkte S- und U-Bahnstrecken um eine schnelle Verbindung zu ermöglichen. Die vorhandenen Straßenbahnen fahren mit geringerer Durchschnittsgeschwindigkeit.
Von Berlin Steglitz aus gibt es im Vergleich weniger Ziele, zu denen der ÖPNV in Bezug auf die Reisezeit mit dem Auto konkurrieren kann. Durch eine direkte Anbindung an das Autobahnnetz erreicht man viele Teile der Stadt mit dem Auto deutlich schneller. Lediglich im Nordosten sieht dies anders aus, denn hier gibt es keine Autobahn – dafür jedoch eine S-Bahnanbindung.
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Pelin Wolk
m: pew@mobilityinstitute.com
Der Reisezeitindex einer Stadt gibt das durchschnittliche Reisezeitverhältnis von Öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) und Motorisiertem Individualverkehr (MIV), also dem Auto, auf allen möglichen Verbindungen im gesamten Stadtgebiet an. Anhand einer Visualisierung auf der Stadtkarte kann ermittelt werden, auf welchen Relationen der ÖPNV in Bezug auf die Reisezeit mit dem MIV wettbewerbsfähig ist und auf welchen ein systematischer Reisezeitnachteil besteht. So lassen sich lokal spezifische Aussagen zur Wettbewerbsfähigkeit des ÖPNV mit dem Auto im innerstädtischen Verkehr ableiten.
Zugrunde liegt die Erkenntnis, dass die Reisezeit einer der signifikantesten Faktoren bei der Wahl eines bestimmten Transportmittels ist [1]. Da nicht für alle Faktoren, die in der Praxis eine Rolle spielen, Daten verfügbar oder im Umfang dieser Untersuchung integrierbar sind, wurden einige vereinfachende Annahmen getroffen (s. dazu: Wie wird der Index berechnet?). Der Vergleich bezieht sich deshalb allein auf die Reisezeit und nicht auf andere mögliche Faktoren, die bei der Wahl eines Verkehrsmittels eine Rolle spielen wie z. B. Kosten und Komfort. Darüber hinaus wurden weitere Verkehrsmittel wie das Fahrrad nicht analysiert.
[1] Vgl. Ganji et al. Research Journal of Applied Sciences, Engineering and Technology 6(9): 1680-1684, 2013.
Dem Reisezeitindex liegt ein systematischer Vergleich der Reisezeiten von ÖPNV und MIV, also dem Auto, zugrunde. Dabei wird jede mögliche Verbindung innerhalb eines Stadtgebiets zu einem bestimmten Zeitpunkt betrachtet. Für die Berechnung wird das Stadtgebiet in ein 100 x 100 m Raster zerlegt und für jede Rasterzelle ein Indexwert bestimmt. Dieser Wert gibt an, wie schnell von dieser Zelle aus alle anderen relevanten Zellen der Stadt mit dem ÖPNV im Vergleich zum MIV erreichbar sind.
Berechnung der ÖPNV-Reisezeiten
Die ÖPNV-Reisezeiten werden mithilfe der Software gtfsrouter R Package berechnet. Grundlage dafür sind die als Open Data verfügbaren Fahrplandaten einer Stadt im GTFS Format.
Bei der Berechnung der ÖPNV-Reisezeiten werden zudem Fußwegzeiten zu den Haltestellen berücksichtigt. Für jede ÖPNV-Haltestelle wird die Fläche bestimmt und addiert, die innerhalb von 5, 10, 15, 20, 25 und 30 Minuten Fußweg erreichbar ist.
Ist eine Rasterzelle nicht innerhalb von 30 Minuten Fußweg von einer Haltestelle aus erreichbar, wird pauschal ein Reisezeitverhältnis von 3,8 vergeben. Dies entspricht der Qualitätsstufe F nach VDV Richtlinie. Gebiete, die auch innerhalb von 30 Minuten Fußweg nicht von einer ÖPNV-Haltestelle zu erreichen und nach dieser Methodik nicht abgedeckt sind, fließen somit mit dem Höchstwert in den Index ein, anstatt pauschal nicht berücksichtigt zu werden.
Berechnung der MIV-Reisezeiten
Die MIV-Reisezeiten wurden über einen Algorithmus von Here Technologies bestimmt, der reale Reisezeiten der Vergangenheit berücksichtigt. Um Verzerrungen durch niedrigere Verkehrsaufkommen während der Corona-Zeit zu vermeiden, wurden die MIV-Reisezeiten für einen Wochentag im Januar 2020 um 8 Uhr abgerufen. Um eine Annäherung an die tatsächliche MIV-Reisezeit zu erreichen, wird zudem zur Fahrtzeit ein Fußweg von 5 Minuten zum parkenden Auto zu jeder MIV-Reisezeit addiert.
Gewichtung
Um Mobilitätsverhalten möglichst realitätsnah abzubilden, werden die Rasterzellen zusätzlich gewichtet. Die Gewichtung bezieht sich auf die Relevanz der Start- und Ziel-Rasterzellen sowie die Distanz zwischen Start- und Zielzelle. Als Start-Rasterzellen werden nur Zellen berücksichtigt, die innerhalb von 30 Minuten Fußweg von einer ÖPNV-Haltestelle erreichbar sind. Somit werden Gebiete, wie beispielsweise größere Parks oder Wälder, nicht berücksichtigt.
Nachfrage: Zellen im Stadtgebiet sind als Reiseziel von unterschiedlicher Relevanz. Relevante Gebiete mit größerer Nachfrage werden bei der Berechnung deshalb stärker berücksichtigt. Die Ziel-Rasterzellen werden anhand von Bevölkerungszahlen und Point of Interests (POIs), also Orten mit relevanter Infrastruktur, gewichtet. Zellen mit hoher Bevölkerungsdichte und somit größerer Nachfrage fließen stärker in den Index ein als solche mit niedriger Bevölkerungsdichte. Rasterzellen, die nicht bevölkert sind und auf denen sich keine POIs befinden, werden dadurch nicht im Index berücksichtigt.
Distanz: Ebenso wird die Entfernung zwischen zwei Zellen berücksichtigt, sodass Verbindungen zu weit entfernten Zellen im Stadtgebiet einen geringeren Einfluss auf den Indexwert haben als solche, die näher liegen.
Berechnung des Gesamtindexwertes
Beide Gewichte sowie das Reisezeitverhältnis werden miteinander multipliziert. Für jede Start-Rasterzelle ist nun ein Indexwert verfügbar. Um einen Gesamtwert für die Stadt zu ermitteln, werden nun die Werte der Start-Rasterzellen gewichtet und gemittelt.
Der Reisezeitindex bietet Verkehrsverantwortlichen wie Städten und Verkehrsbetreibern eine systematische Betrachtung des vorhandenen ÖPNV-Angebots aus der Nutzerperspektive. Durch die Darstellung des Reisezeitindex über das gesamte Stadtgebiet hinweg lässt sich schnell erkennen, wo der ÖPNV gestärkt werden muss, um auf wichtigen Relationen ein wettbewerbsfähiges Angebot zu schaffen.
Das Reisezeitverhältnis von ÖPNV und MIV wird bestimmt vom jeweiligen Standort und Reiseziel innerhalb der Stadt. Der Vergleich hilft dabei zu verstehen, auf welchen Relationen der ÖPNV einen Reisezeitnachteil hat und wie groß dieser ist. So können nicht-konkurrenzfähige ÖPNV-Verbindungen identifiziert werden, um gezielte Verbesserungsmaßnahmen genau dort umzusetzen. Der Reisezeitindex zeigt außerdem auf, wo der ÖPNV durch Lückenschlüsse und einen Ausbau des Angebots auf Relationen mit großer Nachfrage beschleunigt werden kann.
Der Reisezeitindex basiert auf einer eigens vom mib entwickelten Anwendung. Maßgeblich an der Entwicklung beteiligt waren Brant Konetchy, Hans Schrader und Ildiko Szabo.
Weitere beteiligte Entwickler*innen sind Tom Jaksztat und Alexandra Kapp.
Als Grundlage für die Berechnung der POI-Dichte, Fußwege sowie MIV Reisezeiten dienen Daten und Programmierschnittstellen von HERE Technologies wie die HERE Geocoding and Search API und die HERE Isoline API.
ÖPNV Reisezeiten werden mithilfe des gtfsrouter R Packages bestimmt. Hierfür werden die als Open Data verfügbaren Fahrplandaten für jede Stadt im GTFS Format verwendet.
Die Fahrpläne basieren sich auf gtfs feeds von den Verkehrsverbünde oder DELFI e.V. Die Analyse basiert auf einer Abfrage vom 12. Januar 2021.
Bereitsteller GTFS:
Die Fahrpläne basieren sich auf gtfs feeds von den Verkehrsverbünde oder DELFI e.V. Die Analyse basiert sich auf dem 12. Januar 2021.
Bereitsteller GTFS:
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Karten und das Straßennetz für das Routing stammen von OpenStreetMap.
© OpenStreetMap-Mitwirkende
Die Daten zur Bevölkerungsdichte stammen vom Zensus 2011 der statistische Ämter des Bundes und der Länder.
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